Metro 2035 by Glukhovsky Dmitry & Dmitry

Metro 2035 by Glukhovsky Dmitry & Dmitry

Autor:Glukhovsky, Dmitry & Dmitry [Glukhovsky, Dmitry & Dmitry]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne TB
veröffentlicht: 2016-03-02T23:00:00+00:00


Gut, dass er den Alten rausgebracht hatte.

Gut, dass er ihn davon überzeugt hatte, er könne Artjom hier rausholen.

Gut, dass er selbst nicht auch noch angefangen hatte, daran zu glauben. Zumindest zuckte er jetzt nicht mehr zusammen, wenn die Eingangstür knallte. Er hoffte nichts mehr. Zählte die Tage nicht. So war es einfacher, ganz ohne Zeit.

Und wie gut vor allem, dass er Homer von sich und von den Schwarzen hatte erzählen können. Dass die Minuten und sein Atem gereicht hatten. Jetzt war es nicht ganz so furchtbar, hier zu bleiben, in Vergessenheit.

Etwas ging dort vor sich, an den anderen Stationen: ein Krieg vielleicht. Aber die Schillerowskaja merkte davon nichts. Hier nahm alles seinen gewohnten Gang: Der neue Lebensraum ätzte das Gestein weiter fort, der Tunnel zum Kusnezki most wurde weiter mit Erdreich und Menschen gefüttert und kroch immer näher an die Station heran. Artjom wurde immer schwächer, bemühte sich aber noch, weiter zu existieren. Ljocha, der Broker, sah inzwischen aus wie ein wandelndes Skelett, hatte sich aber in den Kopf gesetzt, noch widerspenstiger zu sein als Artjom.

Sie sprachen nicht mehr miteinander. Worüber auch. Einmal versuchten Gefangene, zu fliehen, stürzten sich mit ihren Spitzhacken auf den Stacheldraht, auf die Wachen – doch sie alle wurden erschossen, und zur Abschreckung erschoss man gleich noch ein paar andere mit. Seither wagte niemand mehr eine Flucht, sprach nicht mehr darüber, ja, dachte nicht mal daran.

Ein einziger Gedanke hielt Artjom am Leben: Wenn er sich nach Schichtende im Schlafgraben auf irgendeinen fremden Körper legte, verriegelte er die Augen und stellte sich vor, sein Kopf läge auf dem Schoß jenes Mädchens, Sascha, und sie war nackt und wunderschön. Er strich sich selbst über die Haare, ohne die Schwere seiner eigenen Hand zu spüren. Stellte sich vor, wie sie ihm die Stadt dort oben zeigte. Ohne Sascha wäre er schon längst krepiert.

Er schlief die vorgesehenen vier Stunden, erhob sich und lief und warf und hob auf und transportierte und lud ab. Und ging und kroch und fiel. Und stand wieder auf. Wie viele Tage schon? Wie viele Nächte? Er wusste es nicht. In seiner Schubkarre transportierte er nur noch halb so viel, mehr brachte er nicht von der Stelle. Zum Glück waren auch die Degenerierten nur noch halb so schwer wegen der miesen Ernährung. Andernfalls hätte er sie weder aufheben noch vergraben können.

Tagsüber leistete er sich noch ein geheimes Vergnügen: Er wusste, warum niemand die Wand dort drüben bearbeitete. Dahinter befand sich jener Übergang mit den Sozialwohnungen. Dort, hinter dieser Wand, befand sich nach seiner Berechnung auch die gemütliche Bleibe von Ilja Stepanowitsch und Narine. Einmal pro Tag sah sich Artjom verstohlen um, lief zu dieser Wand und klopfte, poch-poch. Die Wache hörte es nicht, Ilja Stepanowitsch hörte es nicht, nicht einmal Artjom selbst hörte es; und doch schüttelte ihn jedes Mal ein wildes, lautloses Lachen.

Aber dann, mitten in dieser Ewigkeit, kam der Tag der Erlösung, auf den die Menschen bereits zu hoffen vergessen hatten. Es war eine furchtbare Erlösung.

Aus der Welt da draußen brach der Krieg in ihre kleine Welt herein.



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